Vom Verkehrsknotenpunkt zum Kulturbahnhof

JenKultig e.V. – Kultur im Bahnhofsgebäude

Die Entwicklung des Saalbahnhofs zum Kulturbahnhof Jena begann im Jahr 2000 mit der Einmietung des Vereins JenKultig im ehemaligen Eingangsgebäude. Dahinter steckte die Idee, eine Vielzahl von generationsübergreifenden Angeboten für Jugendliche und Anwohner aus dem umliegenden Wohngebiet zu schaffen. Der Verein – mit einem Pianisten und Musiklehrer als Vorsitzendem – baute das ehemalige Bahnhofsgebäude um und sanierte es. Links vom Eingang entstand im Bereich der einstigen Mitropa-Gaststätte ein Jugendcafé. Im oberen Stockwerk wurde ein Lesecafé eingerichtet, und vor den ehemaligen Schaltern sollte ein Wohngebietscafé entstehen. Weiterhin schuf der Verein Probenräume für Bands, Ateliers, Vereinsräume und Büros.

Die „KuBa-Krise“

Nach mehrjährigem Mietverhältnis verkündete der damalige Manager der Deutschen Bahn im April 2006, dass der Bahnhof insgesamt verkauft und dem Verein JenKultig dementsprechend gekündigt werde. Als Grund wurden notwendige Investitionen für Brandschutzmaßnahmen in Höhe von etwa 100.000 € genannt, um den bisherigen Betrieb fortsetzen zu können. JenKultig rief daraufhin die „KuBa-Krise“ aus: Der Mietvertrag für den Kulturbahnhof war zum 30. Juni gekündigt worden, und das Gebäude sollte bis zum 30. Oktober 2006 geräumt sein. Als Protest gegen diese Entscheidung und für den Erhalt der Einrichtung veranstaltete der Verein am 6. Oktober eine Demonstration auf dem Holzmarkt für den Erhalt des Kulturbahnhofs. Bei dieser Demonstration sammelten die Veranstalter über 1000 Unterschriften.

Das Jahr 2006 verging ohne eine Annäherung zwischen Mieter und Vermieter. 2007 gab es dann drei verschiedene Interessenten für den Kauf des Saalbahnhofs: den JenKultig e.V., eine Unternehmensberatung sowie die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen, die allerdings am gesamten Areal interessiert war und nicht nur am Gebäudekomplex. Die Deutsche Bahn ließ sich mit ihrer Entscheidung Zeit bis zum Juli 2008. Schließlich verkaufte der Konzern das Bahnhofsgebäude jedoch an den Vereinsvorsitzenden von JenKultig: Der Betrieb des Kulturbahnhofs konnte weitergehen. Der Verein musste allerdings den Großteil der Sanierungskosten selbst tragen.

Bahnhofvorgebäude 2020 (Quelle: Maxi Fücker)
Bahnhofvorgebäude 2020

Cosmic Dawn e.V. – Neue Untermieter

Eine größere Veränderung gab es 2014, als Cosmic Dawn e.V. sich in die Räumlichkeiten der ehemaligen Mitropa-Gaststätte einmietete. Der Cosmic Dawn e.V. war in jenem Jahr als ehrenamtlicher Kulturverein mit dem Ziel gegründet worden, „frischen Wind in die Jenaer Livemusikszene“ zu bringen (E-Mail-Interview mit einem Mitglied). Zuvor war der Verein im „Black Nights“, einer Rock- und Metalkneipe in Jena, beheimatet. Nach der Einmietung im Kulturbahnhof renovierten die Vereinsmitglieder die neuen Räumlichkeiten in Eigenarbeit. Am Ende schufen sie einen Club mit Platz für 200 Gäste. Auf der Bühne waren inzwischen zahlreiche Musiker*innen zu Gast, unter anderem ehemalige Mitglieder von Bands wie Deep Purple, Black Sabbath und Nazareth. Eine der Besonderheiten des Clubs besteht in der Nähe des Publikums zu den Musiker*innen, denn der Weg zur Bühne führt durch das Publikum. Und im Anschluss an ihren Auftritt verweilen die meisten Bandmitglieder an der Bar. Der Verein plante 2020 eine neue Veranstaltungsreihe „Retrogarde“, bei der Retro- & Avantgardebands aufeinandertreffen sollen. Seit 01.01.2020 wird die ehrenamtliche Arbeit des Vereins durch eine hauptamtliche Stelle unterstützt, um das Angebot des Vereins weiter auszubauen.

Cosmic Dawn e.V. (Quelle: kuba-jena.de/ueber-uns.html: letzter Abruf: 22.01.2020)
Cosmic Dawn e.V. (Quelle: kuba-jena.de/ueber-uns.html:
letzter Abruf: 22.01.2020)

Med-Club Jena e.V. – ein Studentenclub zieht ein

Der Med-Club Jena e.V. wurde 1972 von Jenaer Medizinstudenten*innen gegründet und ist heute noch ein offizieller Studentenclub der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Verein lebt von der Vielfalt und Tatkraft seiner Mitglieder, welche der Vorstandsvorsitzende folgendermaßen beschreibt: „Ihre Interessen prägen die Ausrichtung unseres Programms, ihr Engagement subventioniert durch rein ehrenamtliche Arbeit unsere Preise und bietet so auch sozial Schwächeren Zugang zu Soziokultur.“ (E-Mail-Interview mit Marko Drüge)

Die erste Veranstaltung richtete der Med-Club Jena e.V. am 3. Juni 2014 als Untermieter des Cosmic Dawn e.V. im Kulturbahnhof aus. Bei einer Neuvergabe der Räumlichkeiten des Jazzcafés in der oberen Etage des Kulturbahnhofs wagte der Med-Club Jena e.V. das Risiko und mietete sich ein. Nach umfassenden Renovierungsarbeiten konnte der Studentenclub seine Gäste wieder zu neuen Studentenpartys begrüßen.

Seit 2016 hat der Verein nun wieder ein eigenes Vereinsheim, dessen Räumlichkeiten neue Veranstaltungsformate ermöglichen. Durch die weiterhin bestehende Zusammenarbeit mit dem Cosmic Dawn e.V. kann bei größeren Feiern oder Einmietungen, wie beispielsweise von Fachschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, zusätzlich der untere Clubbereich des Cosmic Dawn e.V. genutzt werden.

Maxi Fücker

Med-Club Jena e.V. (Quelle: Med-Club Jena e.V.)
Med-Club Jena e.V. (Quelle: Med-Club Jena e.V.)

Quellen und Literatur

  • E-Mail-Interview mit „Franky“, Mitglied von Cosmic Dawn e.V., am 06.01.2020.
  • E-Mail-Interview mit Marko Drüge, Vorstandsvorsitzender des Med-Club Jena e.V., am 09.01.2020.
  • Stadtarchiv Jena, Zeitungsarchiv:
  • Frank Döbert: Der Saalbahnhof wandelt sich zum soziokulturellen Zentrum, in: Ostthüringer Zeitung vom 15.01.2000.
  • Unbekannt (tlz): Saalbahnhof steht bald zum Verkauf, in: Thüringer Landeszeitung vom 01.04.2006.
  • Eichler: Kultur im Saalbahnhof von Kündigung bedroht, in: Ostthüringer Zeitung vom 06.10.2006.
  • Babara Glasser: Kommerz und Kultur im Bahnhof, in: Thüringer Landezeitung vom 02.08.2007.
  • Babara Glasser: Der Saalbahnhof ist nun verkauft, in: Thüringer Landeszeitung vom 01.07.2008.
  • Jördis Bachmann: Sie rocken die Elektro-freie Zone, in: Ostthüringer Zeitung vom 07.03.2017.