Fundstück aus dem ISGV – im August 2021

Sommer, Sonne, Spielplatz: eine fotografische Annäherung

von Nadine Kulbe

Es gibt Räume in der Stadt, die man selten oder nie besucht und damit auch nicht nutzt. Was mich betrifft, so sind das in Dresden bestimmte Stadtteile, in die ich nie komme, oder funktionale Orte wie Park- oder Spielplätze. Weder habe ich ein Auto noch Kinder, die jeweils gemeinsam mit anderen ihrer Art dorthin gebracht werden müssten. Das wurde mir wieder bewusst, als ich vor einigen Tagen mit dem Fahrrad durch den Großen Garten und dort auch an einigen Spielplätzen vorbeifuhr: Kinder und Eltern, Spielzeug und Spielgerät, Lachen und Weinen, Licht und Schatten. Warum sich also nicht einmal mit einem Ort beschäftigen, der im Alltag außerhalb des eigenen Aktionsradius liegt? Ich selbst bin nämlich eigentlich nicht mehr im richtigen Alter für Spielplätze. Trotzdem kann ich mich einer gewissen Faszination nicht erwehren. Schaukeln zum Beispiel ziehen mich magisch an. Manchmal auch Rutschen.

Noch etwas kommt hinzu: Ich arbeite am ISGV im Projekt „BildSehen // BildHandeln“, das sich mit den Akteur*innen und fotografischen Praktiken eines Freiberger Fotoclubs beschäftigt. Es geht hier unter anderem darum, den ‚fotografischen Komplex‘ zu verstehen – also danach zu fragen, was Fotografie und Fotografieren für die Clubmitglieder bedeutet und wie sie ihr Verständnis davon in praktisches Handeln umsetzen. Fotografieren ist demnach viel mehr, als ein Bild zu machen. Es bedeutet auch Lernen und Wissen, Sehen und Zeigen, Rezipieren und Nachmachen. Und es kann für diejenigen, die fotografieren, eine alternative Art von Wahrnehmung und Erkenntnisgewinnung sein, die sich wiederum anderen vermitteln lässt. Ich wollte selbst erfahren, was ‚fotografisches Wahrnehmen‘ sein kann. Und ein Gang über Dresdner Spielplätze sollte mich der Antwort darauf einen kleinen Schritt näherbringen.

Was mich an Spielplätzen interessiert, sind allerdings nicht die Praktiken, die sich bei Aufenthalten dort manifestieren, nicht die Gespräche der Eltern, nicht deren Agieren oder Nicht-Agieren mit ihren Kindern. Es geht mir allein um den Ort – als scheinbar von der üblichen urbanen Geschäftigkeit zurückgesetzten Raum –, um die dort vorhandenen Dinge. Wie nehme ich das wahr und welche Entdeckungen helfen mir dabei, mich einem Spielplatz mit einem ganz anderen als dem ihm eigentlich zugedachten Interesse anzunähern? Das Ganze wollte ich möglichst ohne andere Menschen erleben, die den Spielplatz in der ihm eigentlich zugedachten Funktion nutzen: nicht nur, um mich in Ruhe umschauen zu können, sondern auch, weil ich vor allem keine Kinder auf den Fotos zeigen wollte. Praktisch hieß das: Morgensonne ausnutzen und möglichst zeitig da sein. Die folgenden Fotos sind denn auch zwischen 7 und 8 Uhr entstanden.

Am Ende: die vertikale Entrückheit des Schaukelns

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